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Sigurd
Hebenstreit
Johann
Heinrich Pestalozzi (1746 bis 1827):
„Besorge dein Kind! Liebe Dein Kind!
Versäume es nicht“
Johann
Heinrich Pestalozzi ist wohl die bekannteste,
größte Erziehergestalt des deutschsprachigen
Raumes. Im Verlaufe seines einundachtzigjährigen
Lebens hat er uns ein umfangreiches
Schrifttum überlassen - 28 dicke Bände
umfassen seine „Sämtlichen Werke“, hinzu
kommen noch 13 Bände der von ihm verfassten
Briefe -, und die Literatur über Pestalozzi
ist im Verlaufe der Jahrhunderte zu
einem Berg angewachsen, der kaum noch
zu überblicken ist. Wie ein riesiger
Felsbrocken steht sein Werk in der Landschaft
der Geschichte der Pädagogik. Wie Johann
Wolfgang von Goethe, mit dem Pestalozzi
sich nicht verstanden hat und der ihn
nicht verstand, in der Literatur so
ist Johann Heinrich Pestalozzi „der“
Klassiker der Pädagogik, an dem kein
Weg vorbeiführt. Alle großen pädagogischen
Themen finden wir bei ihm wieder: die
Frage nach dem Menschen, die Ausdifferenzierung
des Verhältnisses von kindlicher Selbstentwicklung
und Notwendigkeit des erzieherischen
Eingreifens, die Bestimmung der Beziehung
von Erziehung und Politik, die Erarbeitung
eines differenzierten Erziehungsbegriffs,
der nach den Zielen und Methoden pädagogischer
Beeinflussung fragt.
Ist
er auch ein Klassiker, vergleichbar
mit der Gestalt Goethes, so ist gleichzeitig
auf eine wichtige Differenz hinzuweisen.
War dieser dem aristokratischen Prinzip
verpflichtet, an der „Höhe“ des einzelnen
Menschen orientiert, so watet Johann
Heinrich Pestalozzi durch den „Kot“
der Welt. Gerade der arme Mensch, der
entfremdete, unterdrückte interessiert
ihn. Kann Erziehung zu seiner Freiheit
und Selbstbestimmung etwas beitragen?
Pestalozzi wird so zu einem Begründer
sozialpädagogischen Denkens in der Pädagogik,
der die Schule nicht von ihren sozialen
Aufgaben trennt, sondern auch dem ABC-Lernen
seine politische und soziale Funktion
zuweist.
Und
noch ein Unterschied zu Goethe drängt
sich auf. Dieser war ein Genie, mit
einem leichten Federstrich traf er mitten
ins Schwarze, er spielte mit Worten,
die dem Leser voll Bewunderung tiefen
Sinn vermitteln. Anders Johann Heinrich
Pestalozzi. Er wirft seine Gedanken
nicht locker dahin, sondern erarbeitet
sie sich in mühseligem Prozess. Er rackert,
schuftet, um das zu Papier zu bringen,
was seinen Kopf bewegt. Goethe ist Künstler,
Johann Heinrich Arbeiter. Jener kann
ironisch über dem Leben stehen, dieser
steckt mitten in den Schwierigkeiten
des Lebens. Sein Schreiben ist ein Versuch,
den Berg von Problemen Schritt für Schritt
abzuarbeiten. Mancher Schritt erweist
sich dabei als Fehlgriff, er muss erneut
ansetzen - die Anstrengung ist dabei
an vielen Stellen auch heute noch spürbar
-, um millimeterweise vorwärts zu kommen.
Langsam gräbt er sich einen Tunnel durch
den Berg. Das Lesen seiner Schriften
ist so kein leichtes Vergnügen; es ist
nur erfolgreich, wenn man die Anstrengungen
des Autors mitträgt, wenn man sich mit
ihm gemeinsam durchgräbt, bereit ist,
Durststrecken zu ertragen, um späterhin
das Licht jenseits des Tunnels zu sehen.
Es lohnt sich.
a) Biographisches
Johann Heinrich Pestalozzi ist ein Held,
wohl der berühmteste Name in der Geschichte
der Pädagogik, so sehr popularisiert,
dass jedermann ihn in seinem Gedächtnis
hat. Warum aber ausgerechnet Johann
Heinrich Pestalozzi? Warum ein Mann,
der so gar nichts heldenhaftes an sich
hat, dessen Geschichte sich vielmehr
eher als die Geschichte eines Scheiterns
erzählen lässt? Wenn man von einem Helden
etwas Strahlendes, immer Gelingendes,
allzeit Beliebtes, etwas Widerspruchsfreies
erwartet, dann eignet sich Johann Heinrich
Pestalozzi zu nichts weniger als zu
einem Helden. Er hat Macken und Kanten
- und gerade sie machen ihn liebenswürdig.
Er hat die Spur seines Lebens gesucht,
wurde aus dem Gleis geworfen und hat
Ausschau gehalten, seinen Weg wiederzufinden.
Er hat für die Sache einer besseren,
gerechteren Welt gekämpft, Niederlagen
einstecken müssen und sich Blessuren
zugefügt, und er ist aufgestanden, hat
weitergekämpft, um sein Ziel und das
Ziel der Menschlichkeit nicht aus dem
Auge zu verlieren.
Johann
Heinrich Pestalozzi - ein Held? Die
Geschichtsschreibung der Pädagogik hat
das ihre dazu beigetragen, aus ihm einen
Heiligen zu machen, der dem irdischen
Leben entrückt ist. Johann Heinrich
Pestalozzi - ein Held! Doch nicht in
seiner Heiligkeit, sondern in seiner
Menschlichkeit liegt seine Größe, und
das Menschliche ist nicht glatt, sondern
voll von Widersprüchlichkeiten. Menschliche
Größe zeigt sich nicht darin, diese
zuzukleistern, um im äußeren Schein
eines glücklichen Lebens zu erscheinen,
sondern in der Aufnahme der Konflikte,
in der Konfrontation der Widrigkeiten
des menschlichen Lebens mit seinen vorgestellten
besseren Möglichkeiten. Das Leben mag
dann manchmal weniger glücklich erscheinen;
die existentiell durchlebte Erfahrung,
das sich nicht unterkriegen lassen,
das Festhalten an den Idealen und Zukunftsvorstellungen
führt aber zu einem tieferen
glücklich Sein.
·
Kindheit und
Jugend
1746
|
12. Januar
Geburt in Zürich
|
1751
|
Tod des
Vaters
|
1767
|
Landwirtschaftliche
Lehre
|
1769
|
Heirat
mit Anna Schuldheß
Tätigkeit
als Landwirt auf dem Neuhof
|
1774
|
Armenerziehungsanstalt
auf dem Neuhof
|
1780
|
Schriftsteller
auf dem Neuhof
|
1798
|
Anstaltsleiter
in Stanz
|
1799
|
Lehrer
und Institutsleiter in Burgdorf
|
1804
|
Institutsleiter
in Yverdon
|
1816
|
Niedergang
des Instituts in Yverdon
|
1825
|
Rückzug
auf den Neuhof
|
1827
|
17. Februar
Tod in Brugg
|
Johann
Heinrich Pestalozzi wird am 12. Januar
1746 als Sohn von Johann Baptist Pestalozzi
und seiner Ehefrau Susanne geboren.
Der Vater ist von Beruf Chirurg, eine
Profession, die damals weniger Ansehen
hatte als heutzutage, und für die man
keine akademische Ausbildung benötigte.
In den neun Jahren ihrer Ehe bekommen
die Pestalozzis sieben Kinder, von denen
vier allerdings im frühen Alter versterben.
Als der kleine Johann Heinrich fünf
Jahre alt ist, stirbt der Vater im Alter
von 33 Jahren. Zwei Frauen, seine Mutter
und die Magd, erziehen ihn. Wirtschaftliche
Sorgen bestimmen seine Kindheit. Man
will zwar die Zugehörigkeit zur Mittelschicht
der Stadt nicht aufgeben, hat also ein
Maß an Repräsentationskosten zu verkraften,
doch innerhalb der Familie herrscht
„äußerste Sparsamkeit“. Der alte Pestalozzi
erinnert sich daran, wie er und seine
Geschwister im Haus gehalten wurden,
um die Kleider beim Spielen auf der
Straße nicht abzunutzen. Neben den ökonomischen
Zwängen steht die Frauendominanz, die
zu einer „träumerischen“ Kinderexistenz
führt, die sich im rauen Alltagsleben
der Gleichaltrigengruppe nicht recht
behaupten kann. Geborgenheit im inneren
Kreis der kleinen, unvollständigen Familie
steht der Abgeschlossenheit von der
Welt außerhalb gegenüber. Ein gewisses
Gegengewicht vermag allenfalls der Großvater
Andreas Pestalozzi zu schaffen, der
als Pfarrer in Höngg - damals ein Dorf
nahe Zürichs - lebt. Durch die häufigen
Besuche bei ihm kommt Johann Heinrich
auch mit dem Landleben in Kontakt.
Mit
fünf Jahren besucht er die Elementarschule
und wechselt mit acht Jahren auf die
Lateinschule über. Positive Erinnerungen
sind es wenige, die Pestalozzi von seiner
Schulzeit behält. Er scheint zunächst
kein guter Schüler zu sein, wobei sich
die Leistungen späterhin bessern. Ein
wenig als Sonderling erscheint er, der
von den Schulkameraden gehänselt und
verspottet wird.
Mit
17 Jahren wird Johann Heinrich Pestalozzi
Student am Carolinum, eine Züricher
Akademie, die auf die Pfarrerslaufbahn
vorbereitete. Nach zwei Jahren bricht
Pestalozzi sein Studium ab, wobei die
Gründe für diese Entscheidung im Dunkel
bleiben. Vielleicht gibt den Ausschlag
dazu ein Disziplinarverfahren, in das
er sich verwickelt sieht, weil er gemeinsam
mit Mitstudenten einen Universitätsangestellten
denunzierte. Pestalozzi soll ein Studienjahr
wiederholen, erscheint jedoch nicht
mehr zu den Prüfungen.
In
die Zeit der wenigen Studienjahre und
der Ungewissheit danach fällt auch Pestalozzis
Mitgliedschaft in einer politischen
Vereinigung, den „Patrioten. Man wählt
bewusst asketische Ideale (kein Tee,
Kaffee, Wein, Tabak) und will zurück
zur ursprünglichen Einfachheit in den
gesellschaftlichen Verhältnissen. Die
Schriften Rousseaus stehen ganz oben
auf der Liste der gemeinsam gelesenen
und diskutierten Bücher. Für Johann
Heinrich Pestalozzi wird die Zugehörigkeit
zu diesem jugendbewegten Kreis in mehrerer
Hinsicht zur entscheidenden Weichenstellung:
Seine politische Position, für die er
ein Leben lang kämpft, wird hier geprägt,
auch wenn er sich späterhin gegen den
blauäugigen Idealismus gewendet hat;
die Berufsentscheidung, Bauer zu werden,
erhält hier seine ideenmäßige Vorbereitung,
steht das Landleben doch gegen die Verderbtheit
der Stadt; und durch diesen Kreis wird
er seine spätere Frau kennen lernen.
Johann
Heinrich Pestalozzi ist jetzt 21 Jahre
alt, finanziell von Seiten der Familie
nicht mit einem tragenden Hintergrund
ausgestattet, das Studium abgebrochen,
politisch ins Gerede gekommen und ohne
eine klare berufliche Perspektive. Was
soll aus so einem werden?
In
diesem Jahr (1767) nähert er sich seiner
zukünftigen Frau (Anna Schulthess, 1738
bis 1815). Beide lernen sich durch die
Brüder Annas kennen, die wie Pestalozzi
zum Kreis der „Patrioten“ gehören. Johann
Heinrich liebt Anna, und nach einer
Zeit des Zögerns, des Bedenkens, des
Abwartens liebt Anna auch Johann Heinrich.
Doch insbesondere die zukünftige Schwiegermutter
stellt sich der Verbindung entschieden
entgegen, sind die Schulthess doch eine
wesentlich angesehenere Familie als
die Pestalozzis, und in der Ehe mit
dem perspektivlosen Johann Heinrich
droht Anna der soziale Abstieg. Dazu
kommt, dass die Tochter acht Jahre älter
ist als der Bräutigam und sie ihm nicht
nur sozial, sondern auch erfahrungsmäßig
überlegen. Nach zwei Jahren stimmen
die Eltern der Hochzeit schließlich
zu, Anna ist immerhin 31 Jahre alt und
ewig Jungfer soll sie auch nicht bleiben.
Das
Jahr der beginnenden Liebe, 1767, ist
auch das Jahr der Berufsentscheidung
Johann Heinrich Pestalozzis. Er beschließt,
Bauer zu werden, und macht eine Lehre
auf dem Musterhof von Tschiffeli in
Kirchberg .Tschiffeli hat sich in der
Schweiz dadurch Ansehen erworben, dass
er durch veränderte Anbaumethoden den
traditionellen Landbau grundlegend reformierte.
In einem Brief beurteilt er Johann Heinrich
Pestalozzi einmal wie folgt: „Unser
lieber Freund Pestluz ist voll Gefälligkeit
und Eifer für mein Haus. ... Etwas Schüchternes
in seinem Äusserlichen, und eine ein
wenig unverständliche Rede machen den
Meinigen seinen Umgang etwas weniger
angenehm.“ (in: Stadler, Bd. 1, S. 113)
Nicht gerade eine euphorische Beurteilung.
Auch die Betrachtung der Dauer der Ausbildungszeit
lässt nicht auf Intensität schließen:
Eigentlich sollte sie eineinhalb Jahre
umfassen, faktisch kam er Anfang September
1767 in Kirchberg an, und im Mai 1768
ist er wieder in Zürich - wohl von der
Liebe getrieben. Von diesen acht Monaten
sind nochmals drei abzuziehen, die Pestalozzi
gemeinsam mit Tschiffeli in dessen Winterquartier
in Bern verbringt: noch nicht einmal
eine Abfolge von Aussaat und Ernte.
Doch Pestalozzi treibt es, sich selbständig
zu machen, um eine Familie gründen zu
können. Da er kaum Eigenmittel hat,
um einen Hof kaufen zu können, und da
er von den zukünftigen Schwiegereltern
nichts zu erwarten hat, bemüht er sich
um Kredite. Schlißlich kommt auch ein
entsprechender Vertrag zustande - ausgerechnet
mit einem Onkel Annas, dem Bankier Hans
Konrad Schulthess.
·
Neuhof
Mit
der Heirat beginnt eine nahezu dreißigjährige
Zeit, die Johann Heinrich Pestalozzi
auf dem Neuhof in der Nähe von Brugg
im Reusstal verbringt. Landwirtschaftlich
nutzbare Äcker werden gekauft, und Pestalozzi
beginnt mit dem Bau eines Gutshofes.
Am 13. August 1770 wird der Sohn Hans
Jakob (Jean Jacques) geboren, eine Namensgebung,
die durch Johann Heinrichs Idol Jean
Jacques Rousseau eingegeben ist. Hans
Jakob bleibt das einzige Kind der Eheleute
Pestalozzi, und dazu haben sie mit ihm
nicht viel Freude. Er erscheint geistig
zurückgeblieben, was Pestalozzi an einer
Stelle enthusiastisch zu begrüßen scheint:
„Ich habe einen Knaben von 11 1/2
Jahren; er kann keine zwei Linien Gebätter
auswendig; er kann weder schreiben noch
lesen. Ich hoffe zu Gott, diese Unwissenheit,
in welcher die Vorsehung mir erlaubt,
ihn lassen zu können, werde das Fondament
seiner vorzüglichen Ausbildung und seiner
besten Lebensgeniessungen seyn.“ (in:
Stadler, Bd. 1, S. 148) Pestalozzis
Rousseauverständnis scheint hier durch:
Wächst ein Kind bis in die Zeit der
Vorpubertät glücklich heran, ohne durch
Schul- und Bücherbildung vom Gang der
Natur abgelenkt zu werden, so ist die
beste Basis für eine gesunde Entwicklung
gegeben. Nur Hans Jakob ist weder glücklich,
noch wird er sich gesund weiterentwickeln.
Pestalozzi gibt den Sohn in eine befreundete
Baseler Familie, damit er dort recht
erzogen wird, und mit den Kindern dieser
Familie geht er ins Elsas, um eine kaufmännische
Ausbildung zu erhalten. Doch Hans Jakob
erweist sich auch hier als untüchtig,
und als sich bei ihm Anzeichen von Epilepsie
zeigen, wird Johann Heinrich ihn mit
17 Jahren auf den Neuhof zurückholen.
1790 überschreibt er das Anwesen auf
seinen Sohn, auch um es vor finanziellen
Anforderungen seiner Gläubiger zu schützen.
Ein Jahr später verheiraten die Eltern
ihren Sohn, der ihnen Enkelkinder schenken
wird, von denen aber nur der 1798 geborene
Gottlieb überlebt. Am 15. August 1801,
zwei Tage nach seinem 31. Geburtstag
stirbt Hans Jakob. Zeit seines Lebens
wird sich Johann Heinrich Pestalozzi
Vorwürfe über den Untergang seines eigenen
Sohnes machen, dessen Scheitern er auch
auf seine falsche, vernachlässigende
Erziehung zurückführt.
Vor
dieser persönlichen Katastrophe steht
aber zunächst das Scheitern als Landwirt.
Verschiedene Gründe führen dazu. Da
ist zunächst einmal der Rückzug seines
Kapitalgebers, der nicht in ein Fass
ohne Boden und einen unfähigen Bauern
investieren möchte und sein Geld - mit
eigenen Verlusten - zurückfordert. Hinzu
kommt, dass Johann Heinrich Pestalozzi
sich bei den Bodeneinkäufen übers Ohr
hat hauen lassen: Seine Äcker sind teilweise
unfruchtbar. Probleme bekommt er auch,
weil er einem Mann vertraut, der als
Metzger und Wirt im Dorf lebt, und den
Pestalozzi als seinen Berater einsetzt.
Entscheidend für das Scheitern ist,
dass Johann Heinrich Pestalozzi zu einer
Gigantonomie neigt: Haus und Hof sind
für seine Verhältnisse viel zu überproportioniert,
und auch die privaten Ausgaben, beispielsweise
für die Bewirtung von Gästen, übersteigen
bei weitem die Einnahmen.
Ab
den Jahren 1773/74 stellt Pestalozzi
seinen Betrieb um, indem er eine Armenerziehungsanstalt
auf dem Neuhof gründet. Zunächst werden
die Kinder als billige Arbeitskräfte
gebraucht, doch als dies das Scheitern
der Landwirtschaft nicht aufhält, versucht
Pestalozzi durch die Verbindung von
Kinderarbeit und deren Ausbildung eine
neue wirtschaftliche Basis zu finden.
Seine Rechnung geht dahin, dass er den
Kindern für ihre Arbeit freie Unterkunft
und Essen bietet und darüber hinaus
noch für eine solide Erziehung der Kinder
sorgt. Die so ausgebildeten Kinder würden
schon über die Erziehungszeit hinaus
aus Dank heraus auf dem Neuhof bleiben,
um als billige Arbeitskräfte das in
sie Investierte zurückzubezahlen. Doch
dies erweist sich als eine Milchmädchenrechnung:
die Kinder genießen die Vorteile und
verstreuen sich dann in alle Winde.
Bereits 1778 zeichnet sich der Misserfolg
auch dieses Projektes ab. Zwei Jahre
später, 1780, ist schließlich endgültig
klar, dass auch das zweite Neuhofvorhaben,
die Armenerziehungsanstalt, gescheitert
ist. Die Kinder müssen den Hof verlassen,
ein gut Teil des Landes wird verkauft,
aber Pestalozzi kann den Hof behalten,
auch weil der Schwiegervater zuzahlt.
Begonnen
hat es mit hochtrabenden Plänen: die
Heirat mit der geliebten Frau, um die
er zwei Jahre gekämpft hat, die Erwartung
einer großen Kinderschar, der Wunsch,
als selbständiger Landwirt eine gesicherte
Existenz aufzubauen, die Vorstellung,
dadurch nicht nur für das eigene Wohl
und das der Nächsten zu sorgen, sondern
durch diese Arbeit einen verändernden
politischen Akzent zu setzen. Und jetzt?
Die Erbschaft der Frau ist durchgebracht,
der einzige Sohn auch durch eigenes
Verschulden behindert, die Landwirtschaft
pleite und von den Kontakten zu einflussreichen
Männern ist er als gescheiterte Existenz
weitgehend abgeschnitten. Wo mag Johann
Heinrich Pestalozzi, 34 Jahre alt, Hoffnung
hernehmen?
Doch
es zeigt sich jetzt, wie es sich noch
des öfteren in seinem Leben erweisen
wird, daß er die Münchhausensche Kraft
besitzt, sich an seinen eigenen Haaren
aus dem Sumpf herauszuziehen. In dieser
Zeit der Depression versinkt er nicht,
sondern findet einen Weg heraus, der
ihn zu Ruhm und Ehre führen wird. Dabei
spielen Zufälle zunächst eine Rolle:
ein Bekannter sieht kurze Textstücke,
die Pestalozzi verfasst hat, und ermutigt
ihn zum Schreiben: „Dieser Mensch kann
sich helfen, wie er will; er hat Talente,
auf eine Art zu schreiben, die in dem
Zeitpunkt, in dem wir leben, ganz gewiss
Interesse erregen wird“ (XXVIII/236).
Das Werk, das ihn vor allen anderen
bekannt macht, ist der erste Teil des
Volksromans „Lienhard und Gertrud“,
erstmals 1781 erschienen. Pestalozzi
ist bei seiner Abfassung in einem rauschartigen
Zustand. Das Buch wird ein großer Publikumserfolg,
es wird viel gelesen und auf damals
weit verbreiteten Kalenderblättern erneut
abgedruckt. Der Name des Autors wird
bekannt, so dass sich seine soziale
Isolierung aufhebt, der Roman öffnet
Türen zu einflussreichen Menschen, die
vordem verschlossen blieben, und er
bringt auch Geld ein.
Doch
das rasch aufgetauchte Glück scheint
schnell wieder zu verschwinden, weil
Pestalozzi andere Ansprüche hat. Er
will nicht der Konsalik des 18. Jahrhunderts
sein, sondern er hat eine politische
und pädagogische Botschaft, die er der
Öffentlichkeit vermitteln will. Sein
Roman soll keine seichte Unterhaltungslektüre
sein, die einen momentanen Modegeschmack
trifft, sondern er will auf die schwierige
Lage des einfachen Volkes aufmerksam
machen und Wege aus der Krise aufzeigen.
Damit diese Botschaft herüber kommt,
schreibt Pestalozzi weiter: es folgen
die Teile zwei bis vier von „Lienhard
und Gertrud“, er gibt für ein Jahr eine
Zeitschrift heraus („Schweizer Blatt“)
und verfasst „Christoph und Else“, die
im gemeinsamen Lesen von Lienhard und
Gertrud gesellschaftspolitische und
erzieherische Kommentare zu dem Buch
abgeben. Doch mit all dem hat Johann
Heinrich Pestalozzi nur mäßigen Erfolg.
·
Stanz
Verglichen
mit den beiden ersten Etappen seines
Lebens und auch mit der folgenden sind
die Jahre 1798/1799 nur eine kurze Zeit.
Doch in ihrer Bedeutung für die Biographie
Johann Heinrich Pestalozzis - und damit
für die Geschichte der Pädagogik - stellt
sie den entscheidenden Wendepunkt dar.
Sie markiert den Übergang von dem Schriftsteller,
der ein festes anthropologisches Fundament
für seine politischen und erzieherischen
Vorstellungen errichtet hat, zu dem
praktischen Pädagogen, der in der Zukunft
seine Gedanken zu der Idee der Elementarbildung
verdichten wird. Geschichtlich fällt
dieser Wendepunkt in die Epoche der
grundlegenden Wandlung der Schweiz von
einem feudalistischen Gesellschaftssystem
zu einem bürgerlichen Staat.
Immer
hat Johann Heinrich Pestalozzi gehofft,
eine politische Einflussmöglichkeit
zu erhalten, um seine sozialpolitischen
und pädagogischen Pläne realisieren
zu können. Nie hatte das geklappt, doch
jetzt sieht er sich in einer neuen Situation.
Er hat Freunde und Bekannte, die im
neuen Staat das Sagen haben. Galt er
früher als der naiv politische Idealist,
so wird er jetzt als Vermittler zwischen
auseinanderstrebenden Parteien eingeschaltet.
Sein Name ist bekannt in der Schweiz,
wenngleich er als merkwürdiger Sonderling
behandelt wurde, und seine Fürsprache
für die Revolution zählt etwas. Und
Pestalozzi stellt sich eindeutig auf
die Seite der Helvetischen Republík.
Hatte er bislang auf die Aristokratie
gesetzt, so haben ihm seine Erfahrungen
gezeigt, dass zumindest in der Schweiz
das alte Regime zu einer wirklichen
Reform nicht in der Lage war. Jetzt
gilt es also die historische Chance
zu nutzen und die alten Ideen einer
verbesserten Armenfürsorge und Volkserziehung
einzubringen. „Ich will Schulmeister
werden“ (XXVIII/246), so sagt er zu
dem befreundeten Philipp Albert Stapfer,
helvetischer Minister für Künste und
Wissenschaften.
1798
konkretisiert er den neuen Machthabern
sein Erziehungsprojekt einer Armen-
und Industrieschule. Von höchster Regierungsstelle
erhält er hierfür grünes Licht. Pestalozzis
Erziehungsunternehmen in Stanz ist kein
Rückzug in die pädagogische Provinz,
sondern eine hochbrisante politische
Mission. Die Revolution kann nicht nur
auf die Waffen setzen, sondern sie bedarf
der Zustimmung der breiten Bevölkerungsmehrheit.
Außerdem soll das Waisenhaus zu einer
Musteranstalt werden, durch die Wege
einer veränderten Erziehung erprobt
werden, die sich auf andere Einrichtungen
übertragen lassen.
Ganze
sechs Monate dauert die Leitung des
Stanzer Waisenhauses durch Pestalozzi:
vom 7. 12. 1798 bis zum 7. 6. 1799.
Er ist sich der für ihn selbst lebensgeschichtlichen
Bedeutung des Unternehmens von Anfang
an bewusst. Seine Ideen wurden bisher
von den anderen verachtet, er galt als
untüchtiger Mann, der das nicht realisieren
konnte, was er sich selbst vornahm.
Sicherlich war er gutwillig, aber auch
unfähig. Jetzt will er es beweisen,
mit seinen pädagogischen Ideen ist er
nicht nur auf der Höhe der Zeit, sondern
er ist ihr voraus; er baut nicht nur
Luftschlösser ins Wolkenkuckucksheim,
sondern er hat die Kraft, seine menschenfreundlichen
Pläne in die Praxis umzusetzen. Beinahe
53 Jahre alt stellt er sich der Herausforderung,
für seine auf achtzig Köpfe anwachsende
Kinderschar alle Aufgaben zu übernehmen.
Nach
einem halben Jahr ist die Zeit in Stanz
zu Ende. Das Gebäude des Waisenhauses
muß als Lazarett für französische Soldaten
genutzt werden, der größere Teil der
Kinder geht zu den Eltern zurück, und
die Restanstalt kommt an anderem Ort
unter andere Leitung. Stanz ist für
Johann Heinrich Pestalozzi eine Zeit
dichtester Erfahrung, er saugt sich
wie ein Schwamm voll, und die kommenden
fast dreißig Jahre seines Lebens sind
Reflexion, Ausarbeitung, Modifikation
und Variation dieses pädagogischen Urerlebnisses.
Zuvor aber ist er erschöpft, ausgelaugt,
sicherlich auch enttäuscht und traurig.
Er erholt sich auf dem Gurnigel nahe
Bern, bevor er als Lehrer in Burgdorf
die nächste Etappe seines Lebens beginnt.
·
Burgdorf und
Yverdon
Die
halbjährige Zwischenphase in Stanz ist
vorüber, äußerlich nicht gerade ein
Erfolg, aber sie bringt die entscheidende
Weichenstellung im Leben Johann Heinrich
Pestalozzis. Er bleibt seiner Berufsentscheidung
als Erzieher treu und wird am 23. Juli
1799 Lehrer in der Stadt Burgdorf. Auch
diese Karriere bleibt nicht frei von
Schwierigkeiten. Seine erste Stelle
ist die eines Hilfslehrers in der Hintersassenschule
des Schusters und Schullehrers Samuel
Dysli. Man muss sich die Szene vorstellen:
der Schuster, der Schulemachen hält,
wie es die Tradition vorschreibt und
mit strenger Disziplin die große Kinderschar
beherrscht, und daneben der bekannte,
von einflussreichen Politikern und Persönlichkeiten
geförderte Johann Heinrich Pestalozzi,
dessen Kopf voll von Ideen ist, die
Pädagogik auf ein neues Fundament zu
stellen. Die Konstellation kann nicht
gut gehen, auch die Eltern beschweren
sich über den Neuerer, der seine Ideen
lieber an Bürgerkindern ausprobieren
soll. Johann Heinrich hat Glück, er
kann bei einer anderen Lehrperson als
Hilfskraft unterkommen, eine angeheiratete
Verwandte seines Sohnes.
In
dem Jahr der Jahrhundertwende wird schließlich
die Zustimmung der Helvetischen Regierung
erreicht, Pestalozzi das Burgdorfer
Schloss zum Zwecke der Gründung eines
Erziehungsinstituts zu überlassen. In
kurzer Zeit gelingt ihm jetzt der Aufbau
einer Einrichtung, die europaweit berühmt
wird und Besucher von weither anlockt.
Je
älter Pestalozzi wird, desto mehr zieht
er sich von dem täglichen Schulehalten
zurück und überlässt dies seinen Lehrern.
Dies bedeutet nicht, dass er sich auf
seine schriftstellerische Arbeit beschränkt,
sondern er lebt gemeinsam mit den Lehrern
und Schülern, hält Morgen- und Abendandachten,
bespricht täglich mit den Mitarbeitern
die konkreten praktischen Probleme.
Sein Engagement gilt jetzt der Entwicklung
der Methode der Elementarbildung, diese
Idee wird ihn bis zu seinem Lebensende
nicht mehr loslassen. Methode meint
dabei nicht Unterrichtsmittel oder Tipps
und Tricks, wie ein Lehrer seine Schulklasse
in den Griff bekommt, sondern sie meint
die Grundfrage der Pädagogik: wie lässt
sich die natürliche Selbstentfaltung
der kindlichen Kräfte mit der Erziehungskunst
auf organische Weise verknüpfen.
Das
Erziehungsinstitut floriert, Waisenkinder
aus der ganzen Schweiz werden ihm zugeführt,
Besucherscharen kommen hierhin, so dass
die Einrichtung für die Stadt Burgdorf
zu einem touristischen Wirtschaftsfaktor
wird. Die Dinge scheinen gut zu laufen,
und auch eine von Pestalozzi gewünschte
regierungsamtliche Überprüfung durch
den Helvetischen Staat liefert positive
Ergebnisse. Die Regierung faßt Beschlüsse,
die auf eine finanzielle Förderung Pestalozzis
hinauslaufen und ihm die Aufgabe der
Lehrerausbildung auftragen.
Doch
dann ändert sich die politische Großwetterlage,
die alten Kräfte gewinnen wieder die
Oberhand, und zum 1. Juli 1804 muss
Pestalozzi das Burgdorfer Schloss räumen.
Es ist das zweite Mal in kurzer Zeit,
dass nach Stanz äußere Faktoren Pestalozzi
zum Auszug zwingen, und dieses Mal trifft
es ein Institut, das sich im Aufwind
befindet. Deprimiert verlässt Johann
Heinrich Pestalozzi Burgdorf.
Nach
einer einjährigen Zwischenphase bekommt
Pestalozzi in Yverdon eine neue Chance.
Hier kann er an seine Erfolge von Burgdorf
anknüpfen. Stetig steigt die Zahl der
Schüler. 1805 sind es 20, ein Jahr später
80, nochmals zwei Jahre danach 134.
Im Jahr des äußeren Höhepunktes, 1809,
besuchen 165 Schüler das Institut, eine
Zahl, die schon aus organisatorischen
und ökonomischen Gründen die Obergrenze
bildet. Auch die Zahl der Lehrkräfte
steigt: im Jahr 1807 sind es 20 Lehrer
und zwei Jahre später 31. Hinzu kommt
noch eine schwankende Zahl von Praktikanten,
die sich in der Pestalozzischen Methode
ausbilden lassen wollen. Wieder sind
es Besucherscharen, die zum Schloß pilgern,
um die neue Pädagogik zu erleben, um
sich in ihr ausbilden zu lassen, oder
um einfach den Meister aus der Nähe
zu sehen - obwohl hier immer wieder
sein liederliches Äußeres auf den ersten
Blick abstoßend wirkt, und Mitarbeiter
dafür sorgen müssen, ihn für den Empfang
von höhergestellten Persönlichkeiten
auszustatten.
Pestalozzi
Tätigkeit ist nicht mehr die des täglichen
Schulehaltens - er befindet sich ja
in einem Alter, in dem Lehrer heutzutage
ihre Pension erhalten -, sondern die
des Organisators, der einen großen Betrieb
zusammenhalten muss, des Propagandisten,
der die „Methode“ als Markenartikel
nach Außen verkauft, und die des Multiplikators.
In täglichen Besprechungsrunden der
Lehrer, Besucher und Praktikanten, die
des abends stattfinden, werden pädagogische
Probleme diskutiert, Schwierigkeiten
einzelner Kinder besprochen, Perspektiven
für die konzeptionelle Weiterentwicklung
entfaltet. Johann Heinrich Pestalozzi
ist das Herz eines sich zunehmend ausweitenden
Kreises, der Yverdon als Ausgangspunkt
hat, aber auf eine Veränderung der pädagogischen
Verhältnisse insgesamt zielt.
Wir
sehen Pestalozzi als erfolgreichen,
internationales Ansehen genießenden
Institutsleiter einer großen Einrichtung.
Doch das ist eine der Tragiken seines
Lebens: sein eigentliches Bestreben
ist es, für die armen Menschen zu wirken,
eine Erziehungsarbeit für deren Kinder
zu leisten, damit sie selbständig und
selbstbewusst ihr Leben gestalten können;
aber er macht Karriere als Vorsteher
einer Schule und eines Internats, in
dem vor allem die Kinder reicher und
einflussreicher Personen erzogen werden.
Auch in dieser Zeit lässt ihn die Idee,
eine Armenerziehungsanstalt zu realisieren,
nicht los. Ab 1807 entwickelt er diesbezügliche
Pläne, die sich jedoch nicht realisieren
lassen. Erst elf Jahre später kann er
in Clindy, nahe Yverdon, eine entsprechende
Einrichtung gründen, auch indem er eigenes
Geld, das er durch Honorarvorschüsse
auf die Herausgabe seiner gesammelten
Schriften bezieht, zuschießt. Nur sechs
Jungen und sechs Mädchen sind es am
Anfang, doch ihre Zahl steigt schnell
auf 30 an. Damit ist Pestalozzi jedoch
finanziell überfordert, und die Anstalt
in Clindy muss als eigenständige Einrichtung
aufgegeben werden. Die Kinder erhalten
die Möglichkeit, auf das Schloss in
Yverdon umzuziehen. Noch bis zu seinem
Tode wird Johann Heinrich Pestalozzi
die Hoffnung nicht aufgeben, auf dem
Neuhof seine wichtigste Idee, armen
Kindern zu einer richtigen Erziehung
zu verhelfen, in die Tat umzusetzen,
auch wenn dieses Vorhaben zu seinen
Lebzeiten nicht wirklich gelingt.
Je
länger die Zeit in Yverdan dauert, desto
schwieriger wird es, den großen Erfolg
des Instituts festzuhalten. Bis Pestalozzi
1825 Yverdon verlassen wird, zeichnet
sich ein zunehmender Niedergang ab.
Zunächst sind es finanzielle Probleme,
die Pestalozzi sein Leben lang begleitet
haben und die auch hier wieder auftreten.
Noch tiefgreifender als die ökonomischen
Probleme wirkt der zwischen den Lehrern
des Instituts auftretende Streit untereinander,
der letztlich zu dessen Auflösung führen
wird. Pestalozzi treffen die Auseinandersetzungen
persönlich in starkem Maße, verstärkt
dadurch, dass er nach dem Tod seiner
Frau alleine dasteht, er erkrankt depressiv
und erholt sich nur langsam. Hinzu kommt,
dass der Streit nach außen dringt. Das
Pestalozzische Institut wird verleumdet,
so dass die Schülerzahlen sinken. Die
Anerkennung, die das Institut so überreich
genoss, lässt nach.
·
Lebensabend
Pestalozzi
ist ein alter Mann, es lässt sich nicht
mehr leugnen. Er hat nicht mehr die
Kraft, aus sich heraus klare Entscheidungen
zu treffen, die aus der Krise herausführen
könnten. Er kann nicht anders, als Yverdon
zu verlassen. Knapp zwei Jahre verbleiben
Johann Heinrich Pestalozzi noch bis
zu seinem Tod, eine zu kurze Zeit für
einen wirklich geruhsamen und wohlverdienten
Lebensabend, zumal er in diesen Jahren
einerseits die heftigen Nachwehen des
Yverdoner Streites spürt und andererseits
seine Kräfte für letzte, herausgehobene
schriftstellerische Leistungen sammelt.
Beginnen wir mit dem zweiten.
Überschattet
werden die beiden letzten Jahre, in
denen Pestalozzi bei seinem Enkel und
dessen Frau auf dem Neuhof lebt, durch
die publizistische Fortführung des Streites
mit seinen ehemaligen Schülern, die
zu Feinden geworden sind. Nachdem Pestalozzi
ein Buch verfasst hatte, in dem er die
Burgdorfer und Yverdoner Zeit aus seiner
Sicht erzählt, und in dem er den Mitarbeiter,
der als einziger ihm verbliebenen ist,
in den Himmel lobt, fühlt sich dessen
Rivale herausgefordert. Um seine Verletzungen
zu überwinden, motiviert er eine ehr
beiläufige Gestalt, ein Buch über Pestalozzi
zu schreiben, dass diesen im äußerst
negativen Licht erscheinen lässt. Vor
allem seine angeblich antichristliche
Haltung wird herausgestellt, ein nicht
unbedeutender Vorwurf in einer Zeit,
in der die politische Reaktion herrschte.
Johann Heinrich Pestalozzi fühlt sich
verleumdet, und er versucht bis auf
sein Totenbett hin eine rechtfertigende
Erwiderung zu schreiben.
Es
ist zu spät. Der Körper ist ausgelaugt.
Am 15. 2. 1827 wird er von seinem Enkel
und dessen Frau in einem Schlitten zu
der wenige Kilometer vom Neuhof entfernten
Stadt Brugg gefahren, damit er in der
dortigen Pension unter näherer Aufsicht
des Arztes stehe. Zwei Tage später stirbt
Johann Heinrich Pestalozzi.
b)
Sozialpädagogik:
Die
halbjährige Tätigkeit im Stanzer Waisenhaus
bildet das praktische Gelenkstück des
beruflichen Lebens Johann Heinrich Pestalozzis
. Er, der fast 20 Jahre ohne konkrete,
handfeste Arbeit gewesen war, nimmt
hier seine Versuche wieder auf, die
mit der Armenerziehungsanstalt auf dem
Neuhof begonnen hatten. Sowohl seine
politischen wie pädagogischen Pläne,
die er inzwischen auf ein festes anthropologisches
Fundament gestellt hat, kann er jetzt
in der Wirklichkeit erproben. Auf der
anderen Seite leitet Stanz zu einer
Lehrer- und Lehrerausbildungstätigkeit
hinüber, die ihn zur Entfaltung einer
fundierten Erziehungstheorie bringen
wird.
Im
Anschluss an die französische Revolution
gibt es in den 90er Jahren des 18. Jahrhunderts
auch in der Schweiz heftige politische
Unruhen. Es geht um die Aufhebung der
einseitigen Machtverteilung zu Gunsten
der wenigen Patrizierfamilien in den
großen Städten und um die Schaffung
einer einheitlichen Helvetischen Republik,
die an die Stelle der relativ großen
Autonomie der einzelnen Kantone treten
soll. Die rechtliche Unmündigkeit und
die ökonomische Ausbeutung der breiten
Landbevölkerung soll beendet werden.
1798 siegen nach langen blutigen Kämpfen
schließlich die revolutionären Kräfte,
auch weil sie die Unterstützung der
französischen Truppen unter Napoleon
erhalten. Die kriegsähnlichen Zustände
dauern jedoch an, da in einigen Kantonen
gegenrevolutionäre Kräfte aktiv sind,
die durch Österreich militärisch gestützt
werden.
Pestalozzi,
der „Revolutionär wider Willen“ (Liedtke),
unterstützt in Eindeutigkeit die Sache
der Helvetischen Republik. Er verfasst
politische Artikel, die über die Hintergründe
und die Folgen der politischen Umwälzung
aufklären sollen, und er wird schließlich
als Herausgeber einer Regierungszeitung
so etwas wie ein „Regierungssprecher“
der neuen Machthaber. Doch in dieser
Umbruchsituation hofft Pestalozzi auf
etwas anderes, nämlich darauf seine
Lieblingsidee wieder aufgreifen zu können,
die er Zeit seines Lebens nicht aus
dem Auge verliert: die Gründung einer
Armenerziehungsanstalt. Er entwickelt
entsprechende Pläne, und da er durch
Freund- und Bekanntschaft mit einigen
Ministern des neuen schweizer Staates
verbunden ist, erfreut er sich auch
entsprechender Unterstützung. Man will,
dass er durch eine Lehrerausbildungsstätte
multiplikatorisch wirkt, doch Pestalozzi
selbst will erst mal einen eigenen Erziehungsversuch
starten. Diese Absicht findet schließlich
durch die in Aussichtnahme finanzieller
Förderung Unterstützung.
·
Der Erziehungsversuch
Dass
die Anstalt ausgerechnet in Stanz eingerichtet
wird, hat politische Ursachen: Stanz
liegt in der Nähe des Vierwaldstätter-Sees
im Kanton Unterwalden. Mehrheitlich
ist es katholisch, und die Bevölkerung
ist der neuen Regierung feindlich gesinnt.
Es brechen gegenrevolutionäre Unruhen
aus, die mit Hilfe der französischen
Truppen unterdrückt werden. Nach diesem
blutigen Ereignis sieht sich die Zentralregierung
vor der Aufgabe, die Kriegswaisenkinder
zu versorgen. Außerdem muss durch eine
Verbesserung der sozialen Verhältnisse
die Bevölkerung des Kantons für die
Sache der Revolution günstig gestimmt
werden. Das von Pestalozzi jetzt geleitete
Waisenhaus soll für beide Aufgaben eine
Rolle spielen. Nehmen wir es gleich
vorweg: auch für das Ende des nur halbjährigen
Erziehungsversuchs in Stanz sind politische
Ursachen ausschlaggebend. Auf schweizerischem
Boden kämpfen französische und österreichische
Truppen gegeneinander, und das von Pestalozzi
benutzte Gebäude wird in ein französisches
Militärhospital umgewandelt.
Untergebracht
ist das Waisenhaus in einem Teil eines
ehemaligen Klosters. Die Räumlichkeiten
sind anfangs beschränkt, weil sie erst
für den neuen Zweck hergerichtet werden
müssen, sind nachdem aber recht großzügig
bemessen. Finanziell wird es von der
Regierung unterstützt, die in dem Heim
so etwas wie eine Musterversuchsanstalt
sieht. Diesen positiven äußeren Faktoren
stehen jedoch eine Reihe negativer gegenüber.
Als erste erwähnt Pestalozzi die massive
Ablehnung der Bevölkerung der Anstalt
gegenüber, die in politischen und religiösen
Gründen ihre Ursachen hat. Pestalozzi
gilt als Vertreter der neuen Machthaber,
die man erbittert bekämpft, und er ist
reformierter Christ, dem die mehrheitlich
katholische Bevölkerung nicht die Erziehung
ihrer Kinder überlassen will.
Diese
prinzipiell ablehnende Haltung der Bevölkerung
drückt sich auch in dem Widerstreben
der Eltern aus. Pestalozzi beschreibt,
wie ein Teil der Eltern ihre Kinder
gegen ihn aufhetzten und wie ein anderer
versucht, ihm die Kinder wieder abzuwerben,
weil sie als Bettelkinder für das Familieneinkommen
aufkommen sollen. Andere Eltern schließlich
nutzen die Anstalt als zeitweilige Unterkunft
der Kinder, um sie dann wieder zurückzuholen,
wenn die Kinder von Krankheiten geheilt
und neu eingekleidet sind. Schließlich
wird noch von Eltern berichtet, die
von Pestalozzi Geld fordern, weil sie
ihm ihre Kinder überlassen. Eine kontinuierliche
Aufbauarbeit ist unter diesen Umständen
nur schwer möglich.
Der
Widerstand der Eltern bleibt auch auf
die Kinder nicht ohne Wirkung, so dass
Pestalozzi sich deren Wohlwollen hart
erarbeiten muss. Dies gelingt aber eher
als bei den Eltern, und über den Weg
der Kinder erreicht Pestalozzi schließlich
auch die Zustimmung einiger Erwachsener.
Die gesundheitliche Verfassung vieler
Kinder ist katastrophal, und es bedarf
vieler pflegerischer Bemühungen, die
verschiedenen Krankheiten ausheilen
zu lassen. Ähnlich wie einige Eltern
die zeitweise Unterbringung ihrer Kinder
nutzten, um sie aufpäppeln zu lassen,
sehen einige Kinder in der Anstalt eine
Art von „Hotel“, dessen Vorteile sie
egoistisch genießen wollen, ohne selbst
etwas zu geben.
Schließlich
muss (oder will) Pestalozzi ohne direkte
Unterstützung durch Mitarbeiter auskommen
- eine Haushaltshilfe ausgenommen. Pestalozzi
argumentiert, dass ausgebildetes Personal
ihm nicht helfen könne, weil es seine
pädagogische Konzeption nicht verstehen
würde: „keine künstlichen Hülfsmittel,
sondern blos die die Kinder umgebende
Natur, die tägliche Bedürfnisse, und
die immer rege Thätigkeit derselben
selbst als Bildungsmittel derselben
zu benutzen.“ (XIII/7) Die alleinige
Verantwortung für 60 bis 80 Kinder für
24 Stunden am Tag, die Pestalozzi schließlich
physisch und psychisch überfordern,
scheint ihm inhaltlich notwendig. Er
benötigt die dichte Erfahrung, um den
Grundstein seiner Erziehungsmethode
legen zu können; er muss selbst alles
tun, von der täglichen Versorgung über
die Pflege bis zu Erziehung und Unterricht,
um den Umfang der pädagogischen Aufgabenstellung
erfassen zu können.
·
Erziehungsziele
und -prinzipien
Pestalozzi
beschreibt das Ziel des Erziehungsversuchs
als Unterstützung der Selbständigkeit
der armen Kinder. Dies bedeutet konkret:
·
die Kinder müssen in der
Zukunft arbeitsfähig sein, um sich und
ihre Familie durch ihrer eigenen Hände
Arbeit ernähren zu können;
·
die Kinder müssen ein richtiges
Wissen erwerben, um sich in der Welt
orientieren zu können;
·
die Kinder müssen vor allem
sittlich gebildet werden, um als Mensch
leben zu können.
„Ich wollte eigentlich durch meinen Versuch
beweisen, daß die Vorzüge,
die die häusliche Erziehung
hat, von der öffentlichen
müsse nachgeahmt werden, und
daß die leztere nur durch
die Nachahmung der Erstern
für das Menschengeschlecht
einen Werth hat. ... Jede
gute Menschenerziehung fordert,
daß das Mutteraug in der Wohnstube
täglich und stündlich jede
Veränderung des Seelenzustandes
ihres Kindes mit Sicherheit
in seinem Auge, auf seinem
Munde und seiner Stirne lese.“
(XIII/7f)
|
Aus
dieser Zielsetzung ergeben sich eine
Reihe von pädagogischen Prinzipien.
Zunächst: die Erziehung muss sich auf
die soziale Situation beziehen, aus
der die Kinder kommen, und in der sie
leben werden. Dies allein vermittelt
ihnen ein wirklich brauchbares Wissen,
um nicht auf ein Wolkenkuckucksheim
vorbereitet zu werden. Nur dadurch ist
auch gegeben, dass die Kinder ein sinnliches
Fundament der Anschauung haben, auf
das alles spätere Lernen aufbauen, an
das es anknüpfen muß.
Zweitens
muss die professionelle Erziehung auf
den Prinzipien der familiären beruhen.
Dies bedeutet für Pestalozzi nicht die
bruchlose Übernahme häuslicher Erziehungsmaßnahmen,
was faktisch schon angesichts der größeren
Kinderzahl nicht funktionieren würde;
sondern es meint, dass alle Erziehung
auf Liebe zu dem einzelnen Kind und
auf umfassender Besorgung aller seiner
Bedürfnisse beruhe. Drittens schließlich
muss in der Erziehung der armen Kinder
Arbeit und Lernen miteinander verbunden
werden. Ziel der Arbeitserziehung
ist nicht der ökonomische Gewinn durch
Kinderarbeit, sondern die Vorbereitung
der Kinder auf eine zukünftige Berufstätigkeit,
um sich selbständig ernähren zu können.
Pestalozzi bedauert, dass er in Stanz
diesen dritten Aspekt nicht in gewünschter
Weise hat realisieren können, da die
geplante Baumwollspinnerei nur anfänglich
hat organisiert werden können.
·
Sittliche
Erziehung
Pestalozzi
beginnt seine Arbeit mit einer großen
Schar schwieriger Kinder: Aggressivität,
Misstrauen, Egoismus, Ausnutzen des
kurzfristigen Vorteils, äußere und körperliche
Verwahrlosung, psychische Verwilderung
bestimmen das Bild. Wie wird man mit
einer solchen Situation fertig, in der
die Fehler der Kinder sich noch gegenseitig
bestärken und steigern? Wie wird man
damit nicht nur fertig, sondern gestaltet
sie pädagogisch, da die Kinder nicht
nur verwahrt werden sollen, sondern
ihnen eine Perspektive eröffnet werden
muss? Wenn Pestalozzi der Erziehung
zur Sittlichkeit die erste Stelle zumisst,
so liegt einer der Gründe dafür darin,
dass bei solchen Kindern zunächst ein
Fundament der psychischen Ausgeglichenheit
und des sozialen Miteinanders gelegt
werden muss, bevor an Lernen und Arbeit
zu denken ist. Bei den konkreten, bis
ins methodische hineinreichenden Antworten,
die Pestalozzi zu dem Fragenkreis der
sittlichen Erziehung gibt, muss man
Zeitgebundenes von dem trennen, was
uns auch noch heute zu denken geben
kann.
Zunächst
ist abzugrenzen: Sittlichkeit wird nicht
erzielt durch den großen Plan, die Konzeption,
die man dann in der Praxis umsetzen
könnte, sondern durch das sich Einlassen
der Erzieherin auf die konkreten Kinder.
Im Kontakt mit ihnen müssen die Möglichkeiten
entwickelt und erprobt werden. Sittlichkeit
wird zum zweiten nicht durch Aufsetzen
einer äußeren Ordnung erzielt. Deren
Regeln, so hilfreich sie für ein funktionierendes
Sozialwesen sind, würden in der Anfangssituation
nicht helfen, im Gegenteil, sie würden
die Kinder noch mehr verhärten. Priorität
muss haben, dass die verwahrlosten Kinder
Vertrauen zu der Erzieherin bekommen,
und dieses werden sie erst entwickeln,
wenn sie hinreichend lange gespürt haben,
daß die Erzieherin sie wirklich liebt.
Drittens schließlich wird Sittlichkeit
nicht durch Quatschen gewonnen. Einem
Kind wortreich Moral zu predigen - selbst
wenn es die richtige wäre - hilft nichts,
wenn dem Kind die Erfahrungen des Wohlbersorgtseins
mangeln. Ein verwahrlostes Kind kann
sich weder zu sich selbst noch zu anderen
gut verhalten, weil es nicht „bewahrt“
worden ist, weil es nicht hat erleben
können, dass es geliebt wird und daß
sich um der Liebe willen auch Anstrengung
und Verzicht lohnen.
Pestalozzi
nennt drei Bereiche einer sittlichen
Erziehung:
1.
Sittliche Gemütsstimmung,
2.
Übungen der Selbstüberwindung,
3.
Vorstellungen und
Begriffe von Recht und Pflicht.
„Der
Mensch will so gerne das Gute,
das Kind hat so gerne ein
offnenes Ohr dafür; aber es
will es nicht für dich, Lehrer,
es will es nicht für dich,
Erzieher, es will es für sich
selber. ... Aber dieser Wille
wird nicht durch Worte, sondern
durch die allseitige Besorgung
des Kindes, und durch die
Gefühle und Kräfte, die durch
diese allseitige Besorgung
in ihm rege gemacht werden,
erzeugt.“ (XIII/7f)
|
Der
erste Punkt wurde gerade schon angedeutet.
Die Erzieherin muss dem Kind zunächst
ihre Liebe geben, d.h. konkret, seine
unmittelbaren Bedürfnisse müssen befriedigt
werden. Das Kind muss körperlich spüren:
die Erzieherin will mir wohl, ich kann
mich auf sie verlassen, sie wird auch
morgen auf meine Wünsche eingehen. Die
Entwicklung der „Geschwisterlichkeit“
nimmt des nächsten eine wichtige Stellung
ein. Durch die Bildung einer sozialen
Gemeinschaft wird das Kind lernen müssen,
Einschränkungen hinzunehmen, denn es
gibt andere, die ein Recht auf die Liebe
der Erzieherin haben, aber es wird in
den anderen Kindern auch eine neue Quelle
von Freude und Befriedigung finden können.
Wenn so ein gewisses Fundament gelegt
ist, wird die Erzieherin dem Kind seine
positiven Zukunftsmöglichkeiten eröffnen.
Dadurch wird ihm verdeutlicht, dass
es lernen und Einschränkungen hinnehmen
muss, will es sein gegenwärtiges Glück
auch späterhin genießen. Die Möglichkeit,
sich selbst Beschränkungen aufzuerlegen,
folgt dann aber nicht einem erzieherischen
Druck von außen, sondern der Selbstentscheidung
des Kindes.
Die
„Übungen der Selbstüberwindung“ erinnern
teilweise an Maria Montessoris Übungen
der Stille. Auf durchaus auch spaßhafte
Art wird das Kind zu äußeren Gesten
aufgefordert, die ihn zu einer inneren
Konzentration bringen sollen. Pestalozzi
handelt hier auch das Problem der Strafen
ab. Ausführlich legitimiert er die Notwendigkeit
seiner körperlichen Bestrafungen, wobei
das ganze an Rechtfertigungsstrategien
des schlechten Erziehergewissens erinnert,
die auch heute noch im Schwange sind:
die Ohrfeige könne dem Kind nicht schaden,
da es ja durch seine sonst positiven
Erfahrungen wisse, dass er ihm gut wolle;
die große Kinderzahl und der hohe Arbeitsdruck
ließen einem keine andere Wahl; später
seien ihm die Kinder dankbar, so zur
Ordnung gewiesen worden zu sein etc.
Alles nicht gerade „ein starkes Stück
Pestalozzi“.
Bei
dem dritten Aspekt, der Vermittlung
von Vorstellungen und Begriffen von
Recht und Pflicht, geht es nicht um
wortreiche Erklärungen, sondern um die
bewusste Beschränkung auf wenige Grundüberzeugungen.
Die Idee einer gerechten politischen
Verfassung, die Grundlagen ethischen
Handelns, insbesondere gegenüber den
Armen, der klare Wunsch, sein Leben
selbständig meistern zu können - werden
dem Kind diese wenigen Vorstellungen
vermittelt, dann entwickeln sie einen
Maßstab für ihr eigenes sittliches Handeln,
und um einen solchen Maßstab geht es,
nicht um ein auswendig gelerntes Gesetzbuch.
Auch bei diesen bewussten Grundüberzeugungen
ist wichtig, daß sie auf einem sinnlichen
Fundament ruhen, indem das Kind das,
was es selbst Gutes tun soll, an sich
selber erfahren hat.
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